Futuristische Schule

Veröffentlicht auf von Erik

Aufgeschreckt durch einen unerwarteten Kommentar von Rainer Wasserfuhr zu meinem ersten und wichtigsten Wunsch im vorhergehenden Artikel sehe ich mich veranlasst, doch noch etwas ausführlicher dazu zu schreiben.

Bildung ist, wie ich meine, die wichtigste Ressource, die wir Menschen haben. Nichts - absolut nichts - können wir ohne Bildung! Daher strebe ich als Student der Bildungs- und Erziehungswissenschaften eine intensive Beschäftigung mit diesem Thema an. Mein Ziel ist es, eine Schule (genauer: eine Lehre von der Bildung und der Erziehung) zu gründen, die den Menschen besser als bisher befähigt, sein lebenslanges Potenzial zum Lernen auszuschöpfen. Ein nicht unwesentlicher Hintergedanke dabei ist, den Menschen mental auf die bevorstehende Unsterblichkeit vorzubereiten. Aus Gründen, die ich nicht konkret explizieren kann, glaube ich, dass der Mensch, so wie er heute sozialisiert (gebildet) ist, die Unsterblichkeit - sollte sie ihm technisch angetragen werden - ablehnen würde. Und andere, latentere Fantasien - wie die Kolonisation des Weltraums - wären ohne eine drastische Erhöhung der menschlichen Lebensspanne wahrscheinlich nie möglich.

Welche Gedanken habe ich mir also gemacht? Zunächst muss ich darauf hinweisen, dass ich erst ein Anfänger bin, was Erziehungswissenschaft angeht. Ich könnte vielleicht einen passablen Erzieher abgeben, aber Wissenschaft betreiben gehört nicht zu meinem Erfahrungsschatz. Ich habe lediglich eine Ahnung, wie unsicher, wie schwierig und wie unbefriedigend wissenschaftliche Forschung sein muss. Besonders in der Erziehung streitet man sich noch heute hauptsächlich um Begriffe, Werte und Normen. Tatsächliche feste, letztgültige Ansätze und Methoden findet man kaum. Von daher kann alles, was ich mir ausdenke nur vorläufig sein und bedarf einer ewigen Weiterentwicklung und Korrektur. Geisteswissenschaften leben nicht zuletzt davon, in jeder Zeit, in jeder Generation und in jedem einzelnen Kopf tagtäglich neu bewertet und neu formuliert zu werden. Nichts desto trotz gibt es einiges, das besser geeignet ist, als anderes, um zu überdauern und sich durchzusetzen. Und diese Dinge
zu verstehen ist durchaus möglich.

Meine Idee zur Bildung und zur Erziehung ist nicht neu. Lernprozessorientierung hatten wir in der beruflichen Bildung in den Siebzigerjahren schonmal und wir wärmen es heute wieder auf. Worauf ich aber hinaus will ist die Motivation der Schüler. (Mit Schüler meine ich übrigens alle institutionel Lernenden) Der Mensch lernt sein Leben lang. Lernen ist die einzige Fähigkeit, die wir (wahrscheinlich) allen anderen Lebewesen vorraus haben. Wenn ein Albatross für seine Flugkünste gelobt, ein Pottwal für seine Tauchfähigkeit bewundert und ein Gepard für seine Schnelligkeit bestaunt wird, so ist dies beim Menschen das Lernen. Die Schule in Deutschland im frühen 21. Jahrhundert hat jetzt aber die Schwäche, Lernen zu einer Anstrengung zu pervertieren.


Ich sage: man müsste die Schüler mit dem Lernerfolg selbst motivieren. Und schon hat Lernen seine eigene lebenslange Antriebskraft. Wie schaffen wir das? Dafür habe ich kein Patentrezept. Und auch niemand sonst hat ein Patentrezept! Nur Gurus haben Patentrezepte. Und ich gebe mich nicht ab mit Gurus, oder Ideologien, oder Politik, oder Religion, oder starren Konzepten. Meine Idee muss an der Erfahrung scheitern können! Und ich halte so lange an ihr fest, entwickle sie so lange weiter und fange so oft von vorne an, bis dies geschieht.

Genug Geschwafel! Was habe ich vor?
In Neal Stephansons Roman The Diamond Age geht es um eine Fibel, die Fibel für die junge Dame (oder so ähnlich). Darin durchlebt das Mädchen Nell ein Fantasieabenteuer, das mit immer schwieriger werdenden, sich der Realität annähernden Aufgaben, alles beinhaltet, was eine junge Dame in der SciFi-Welt des Romans braucht, um erfolgreich zu leben. Das Abenteuer hat ein grobes Hauptziel - ihren Bruder zu retten glaube ich - doch auf dem Weg dahin splittert die Handlung immer mehr auf und führt jahrelang durch alle Lebensbereiche. Schließlich endet die Geschichte irgendwie und Nell ist eine erwachsene Frau.
Ganz ähnlich funktionieren Online-Rollenspiele. Sie haben zwar nicht den Anspruch, etwas über die Wirkllichkeit zu vermitteln, aber sie annimieren oft selbst den dümmsten Hauptschulversager dazu, sich komplizierteste Formelsysteme zur Berechnung von Punkten und Kombinationsmöglichkeiten zu merken. Manche Spiele fordern einen Spieler über dreihundert Stunden lang heraus und bieten selbst bei nochmaligem Spielen Neues zum Entdecken. Das wesentliche Merkmal ist, Dinge zu sammeln und zu kombinieren, um Türen zu öffnen, Fähigkeiten zu erwerben, den eigenen Avatar weiterzuentwickeln. Diese Schlüssel, Symbole, Bildchen oder neu modellierten Spielfiguren und die neuen, viel herrausfordernderen Aufgaben als die Vorherigen, sind es, die den Spieler motivieren, weiter zu machen.


Meine Idee ist klar! Ich will das mit Bildung haar genau so machen. Ob online oder real, ob mit Fantasiegeschöpfen oder in echt auf dem Marktplatz der Stadt, das gilt es dann in der Praxis durch Forschungsarbeit zu erheben. Mein erster Gedanke ist, dass wir uns grob an der Handlung der Fibel aus The Diamond Age orientieren. D.h. wir fangen im Kleinkindalter mythisch und fantastisch an und entwickeln die Welt dann in die Richtung der Wirklichkeit. In kurzen Abständen erhalten die Schüler - die wir dann besser Spieler nennen - Herasuforderungen und belohnungen. Und sie haben wie bei World of Warcraft auch die Gelegenheit sich eher in die eine oder die andere Richtung mit ihren Fähigkeiten zu entwickeln.

Der Gedanke ist noch unausgereift. Aber man kann sich ja mal zusammensetzen und über Ideen reden. Die Nähe zum Rollenspiel lässt einen starken Computer- und Interneteinsatz vermuten. Das setze ich allerdings nicht unbedingt vorraus. Ich glaube, man kann besonders in der beruflichen Bildung viel mit ganz realen und praktischen Methoden machen. In der Schule lässt sich viel auf dem Sport- oder dem Abenteuerspielplatz machen.

Wovon ich viel eher ausgehe ist ein deutlich größerer Aufwand an pädagogischer Begleitung. Pädagogen müssen nun Geschichtenerzähler, Schauspieler und die "Weisen vom Gipfel" zugleich sein.

So oder so muss da viel evaluiert werden. Ziele müssen definiert werden (was wohl das schwierigste werden wird), Ergebnisse müssen bewertet werden usw. Daher wünsche ich mir eine eigene Schule! Sozusagen als Testgelände für meine sozialen Experimente.

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