James Camerons "Avatar"

Veröffentlicht auf von Erik

Lange haben Science-Fiction Begeisterte, wie ich, auf eine Verfilmung gewartet, die das Thema der Körper-Bewusstseins-Trennung behandelt. Damit beziehe ich mich auf eine sehr spezielle Strömung unter den (eh schon speziellen) Anhängern von Zukunfts-Fiktionen. In Anlehnung an einen flüchtigen Bekannten, mit dem ich mich mal über die Zukunft unterhalten habe, bin ich ja schon länger der Ansicht, dass jegliche Fiktion, die den Anspruch erhebt, fünfzig Jahre oder mehr in der Zukunft zu spielen, die Möglichkeit einer Trennung von "Körper" und "Geist" berücksichtigen sollte, wollte sie glaubwürdig erscheinen.

In diese Richtung gehen dann natürlich mehrere Sub-Ideen, wie der "Mind-Upload" (also das zeitweilige oder entgültige Trennen des Bewusstseins von seiner biologischen Grundlage und die Übertragung auf synthetische Strukturen) oder das Wechseln von Körpern, so wie man heutzutage Kleidung wechselt, bis hin zu maßgeschneiderten Designer-Körpern. Bei "Star-Trek - The Next Generation" (u.a.) gab es eine Abart von diesem Gadanken: die sogenannten "Borg". Diese nutzten Synthetik zum Beispiel, um ein Kollektivbewusstsein aufzubauen.

Eine Science-Fiction Romanreihe des US-amerikanischen Schriftstellers Richard Morgan, die mir sehr gefallen hat, behandelt die Abenteuer eines Helden namens Takeshi Kovacs, der immer wieder in anderen Körpern auf anderen Welten auftritt. Der augenfällige Nutzen dieser Technik ist natürlich die drastisch erhöhte Lebenserwartung von mir als Bewusstseinssystem. Gleichzeitig kann ich aber von "Mir" eben nur noch als Bewusstseinssystem sprechen. Dieser Held definierte sich nicht mehr über sein Äußeres.

James Cameron präsentiert uns diesen Dezember einen Film, in dem auf einem fremden Planeten Menschen gegen große blaue Außerirdische kämpfen. Um deren Siedlung zu infiltireren, werden Körper in Form der Außerirdischen gezüchtet, in die die menschlichen Spione dann "hineinschlüfpen" (mittels einer Art Mind-Upload). Diese Körper werden in Anlehnung an die Charakterbezeichnung bei virtuellen Computersimulationen wie "Second-Life" dann "Avatare" genannt.

Selbstverständlich ist diese Form der Bewusstseinsübertragung hier nur ein Stilmittel, um die ansonsten absolut unoriginelle (weil schon ewig oft haargenau so dagewesene) Story zusammenzuhalten. Es kommt ähnlich wie bei dem Warp-Antrieb bei Star-Trek nicht wirklich darauf an, wie es funktioniert. Von daher ist meine Vorabkritik hier vielleicht etwas überzogen. Aber auffallend entäuschend ist, dass die Avatare den ursprünglichen menschlichen Körpern ihrer Charaktere sehr ähnlich sehen. Am deutlichsten wird dies bei Sigourney Weavers Avatar:


(Quelle: indiemoviesonline.com)

Offenbar hielt es James Cameron für notwendig, den Zuschauer durchgehend darauf hin zu weisen, dass in beiden Formen ein und dieselbe Person steckt. Dabei gibt es inhaltlich keinen logischen Grund, wieso der Avatar auch nur im Entferntesten so aussehen sollte, wie der Mensch, der ihn spielt! Theoretisch müsste es nicht einmal dasselbe Geschlecht sein. Im Film wird behauptet, die Avatare seien genetische Hybride und teilweise aus dem Genmaterial des Spielers gezüchtet worden. Wozu das denn? Keine Antwort. Vielleicht werde ich ja im Dezember eines besseren belehrt.

Tatsächlich ist es aber auch egal, denn es geht - wie in allen James Cameron Filmen - nicht um Erklärungen, sondern um Bilder. Einem Publikum, das sich Filme nur der Bilder wegen ansieht, kann offenbar nicht zugemutet werden, Eins und Eins zusammenzuzählen und zwischen zwei didaktisch eindeutig aufeinander aufbauenden Kameraperspektiven den Wechsel von einem Körper zu einem völlig anderen zu kapieren. In zwei verschiedenen Körpern dasselbe Bewusstsein zu begreifen obliegt den Sci-Fi-Nerds. Für den Durchschnitsmenschen ist ein Charakter mit seinem Äußeren verbunden. Außerdem muss der Reputation der Schauspieler auch noch Rechnung getragen werden!

Sinnvoller wäre es gewesen, zwei verschiedene Schauspieler für jede Form einzusetzen: einen für den Menschen und einen für den blauen Außerirdischen.

James Cameron macht das natürlich, um soviele Zuschauer wie möglich ins Kino zu locken. Das Publikum soll sich nicht nur auf Star-Trek-Fans und Nerds beschränken. Allerdings meine ich, dass genau diese Einstellung einen guten Scince-Fiction ruiniert! Was übrigbleibt ist nichts weiter, als eine geschmacklich perfekt abgestimmte Soße, die leicht runtergeht. Tiefsinn wollen wir nicht, Erklärungen brauchen wir nicht. Wir wollen aus dem Kino kommen und sagen können: Joa, der Film war ganz nett. Wir wollen morgen sagen können: Scince-Fiction ist nicht mehr als seichte Unterhaltung ohne jede Relevanz.

Am Ende glaube ich nicht, dass "Avatar - Aufbruch nach Pandora" Spuren in den Annalen des Science-Fiction hinterlassen wird.
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