Der Überwachungsstaat

Veröffentlicht auf von Erik

Der Überwachungsstaat legt fest, was richtig ist und was falsch. Denn warum sollte er sonst überwachen? Der Staat stellt Regeln auf, die das Zusammenleben der Menschen ordnen und schützen sollen, soweit so gut. Doch sobald Regeln festgelegt werden, die der Vereinfachung von Überwachung dienen, wird aus dem Staat ein Überwachungsstaat. Solcherart aufgestellte Regeln haben keinen wirklichen regulierenden Charakter mehr, sondern nur noch einen ideologischen. Ideologie ist (nach Karl Marx) das Mittel der herrschenden Klassen zur Unterdrückung der Massen. In einem Überwachungsstaat wird das Verletzen von Regeln zwangsläufig in der Auslöschung enden. Jedes Verhalten, das von den Regeln abweicht wird unterbunden. Damit wird das Infragestellen der gesetzten Regeln zweifellos zum fruchtlosen Unterfangen.

Jede wissenschaftliche Erkenntnis wird aber in der Gewissheit getroffen, dass es keine letztgültige Wahrheit geben kann, dass Menschen niemals sagen können, was absolut richtig ist. Also sind auch gesetzte Regeln und Normen nicht letztgültig oder wahr. Wer würde es wagen, Richtig und Falsch festzulegen? Systeme mit Ideologien!

Staatsdoktrinen, Herrscherdynastien, Diktaturen oder Einparteiensysteme begründen sich auf diese Weise. Und sie haben den Überwachungsstaat auch nötig, fehlt ihnen doch jegliche konsistente Legitimation! Mit einer Demokratie, in der die Gesellschaft selbst ständig alles kritisch analysiert, was ist, was war und was sein sollte, lässt sich ein Überwachungsstaat nur schwer bis gar nicht vereinbaren. Die allgemeine Rechtfertigung "Ich habe doch nichts zu verbergen" - macht jede Überwachung ohnehin obsolet. Denn natürlich brauchen nur diejenigen überwacht werden, die etwas verbergen. Warum verbergen sie etwas? Weil sie befürchten oder wissen, dass sie unumstößliche Regeln brechen. In einer Demokratie sind Regeln aber (von der Idee her) nicht unumstößlich, sondern unterliegen der ständigen intersubjektiven Überprüfung. Damit sind Personen, die aus politischen Gründen überwacht werden müssen, in einer Demokratie theoretisch nicht existent. Sollte ein System, dass sich für demokratisch hält, politische "Gegner" benennen und diese überwachen, ist die Demokratie in diesem System nicht existent.

Menschen, die sich selbst als Feinde der Demokratie bezeichnen, sind ganz bewusst von dem Gedanken beseelt, Macht in ihren Händen zu konzentrieren und mittels Überwachung zu sichern. Ihnen fehlt die aufgeklärte Einsicht in die Notwendigkeit der Legitimation von Herrschaft. Und diese Legitimation kann niemals endgültig gesetzt sein. Das heißt, dass selbst bei vorläufigem Funktionieren von z.B. Diktatur, diese auf lange Sicht keine aktuelle Legitimation beanspruchen kann (sondern maximal eine vorläufige).

Wie klären wir Menschen über die Notwendigkeit legitimierter Herrschaft auf? Diese Frage muss sich ein demokratisches System - mit all den Schwächen, die es hat - als aller erstes stellen. Überwachung ist der Weg, der von der Demokratie wegführt.

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