Terroristen im Kino

Veröffentlicht auf von Erik

Wie entsteht Terrorismus? Um diese Frage zu verfolgen, führt uns der neue deutsche Kinofilm Der Baader Meinhof Komplex durch die Geschichte der RAF.

Aufgestachelt durch die Präsenz des Schars von Persien und der ungehinderten Prügelattacken persischer Schläger kommt es am 2. Juni 1967 in West-Berlin zum Aufruhr. Der 26jährige Student Benno Ohnesorg wir auf offener Straße erschossen. Als Folge kommt es zu einer Radikalisierung der westdeutschen Studentenbewegung. 1968 wird Rudi Dutschke bei einem Attentat schwer verletzt.

Der Film zeigt die Entstehung und die zunehmende Radikalisierung der Roten Armee Fraktion um Ulrike Meinhof, Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Mit dem eindeutigen Schwerpunkt auf der Geschichte von Urlike Meinhof, deren Persönlichkeitswandel das immer weiter abdriftende moralische Selbstempfinden der Bewegung am eindrucksvollsten dramatisiert, versucht Der Baader Meinhof Komplex die Enstehung von Terrorismus nachzuzeichnen. Zwischenzeitlich ist man versucht, sich mit den Tätern zu identifizieren, doch im nächsten Moment tun sie wieder Dinge wo man denken könnte, die sind doch wahnsinnig! Die Ungerechtigkeit in der Welt klagen sie an und das macht sie sympathisch. Im nächsten Moment tun sie mit einem kopflosen Anschlag selbst was ungerechtes und der Zuschauer ist entsetzt über die Skrupellosigkeit. Durch übersteigertes moralisches Sendungsbewusstsein verlieren die Terroristen ihr eigenes unmoralisches Verhalten völlig aus den Augen. Denn sie kämpfen ja mit den Genossen auf der ganzen Welt gemeinsam gegen Ausbeutung und Unterdrückung!

Insgesammt überzeugende schauspielerische Leistungen. Die Motive hätten für den jungen Kinobesucher besser herausgearbeitet werden können. Gut! Es wurden sporadisch Bilder aus Vietnam gezeigt. Doch was nun genau am "Amerikanischen Imperialismus" so schlimm ist, weiß scheinbar kein Mensch konkret zu formulieren. Meiner Generation ist doch nicht mehr klar, wieso Rudi Dutschke in Berlin mit pulsierender Halsschlagader ausruft: "In Vietnam werden wir täglich zerschlagen!!!" Aber darum geht es ja gar nicht. Hier sollen Täter dargestellt werden. Es wird gezeigt, wie eine radikale Strömung im Wechselspiel mit der staatlichen Obrigkeit, in eine Spirale der Gewalt gerät und dabei jede Bodenhaftung verliert. Am Ende hat keiner Mitleid mit den Toten. Ähnlich wie Der Untergang auch schon, lässt mich dieser Film völlig kalt.

Wie entsteht Terrorismus? Diese Frage steht nach wie vor im Raum. Ich sehe da Analogien zur Frage: Wie entstehen Amokläufer, die in Schulen austicken?

Wenn das System nur einen schmalen Korridor bietet, sich selbst zu verwirklichen, dann baut sich Frust auf. Kommen jetzt aufstachelnde virale Meme, wie zum Beispiel religiöses oder ideologisches Gedankengut, enthemmende Gewaltdarstellungen und herausfordernde Provokationen dazu, dann - so meine ich - können Menschen zu Terroristen und/ oder Amokläufern werden. Tatsächlich ist die Ungleichverteilung von Ressourcen und Macht in unserer Welt Ursache für Frust bei denen, die benachteiligt sind. Wie kann man dagegen ankommen? Wie können wir statt mit Spezialenheiten die Symptome zu heilen, verhindern, dass immer neue Generationen aus dem Boden wachsen? Wie können wir uns um die Menschen kümmern, die es im System nicht schaffen?

Oder andere Frage: Wollen wir uns eigentlich um die kümmern? Vielleicht ist die Behandlung der Symptome ja genug?!

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